Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

HORNER Magazin | Winter 2010

HORNER Magazin | Winter 2011 29 SCHULEN IN HORN-LEHE Mit dem im Juni 2009 verabschiedeten Schulgesetz hat sich die Schullandschaft in Bremen nachhaltig verändert. Für den Übergang aufs Gymnasium haben die Leistungen in Deutsch und Mathematik eine besondere Bedeutung erlangt. Zugleich hat Bremen mit der Oberschule ein zweigliedriges Schulsystem eingeführt und die Hauptschule abgeschafft. Sitzenbleiben wegen ungenügender Leistungen gibt es in Bremen nicht mehr. Im folgenden Bericht wird der Frage nachgegangen, wie die Umsetzung der Neuerungen an den Schulen in Horn-Lehe ge- lingt. Dazu wurden Interviews mit den Leiterinnen und Leitern von vier Schulen in Horn-Lehe geführt und Schüler und Eltern befragt. Unter dem Strich kommen die Beteiligten mit den mei- sten Neuerungen gut zurecht. Überwiegend begrüßt werden von Schulleitern, Lehrern und Eltern in Horn-Lehe die neu eingeführten Regelstandards in Deutsch und Mathematik. Nach Ansicht von Malte Goosmann, Leiter des Schul- zentrums an der Ronzelenstraße, sind Leistungen in diesen Fächern besonders aussagekräftig, zumal in Deutsch und Mathematik Ab- schlussprüfungen erfolgen. Schüler, die zum Abschluss der Grund- schule in diesen Fächern Leistungen über dem Regelstandard erbringen, werden bevorzugt von weiterführenden Schulen aufge- nommen. Damit die Bremer Schulen entscheiden können, ob ein Schüler über bestimmte Kompetenzen in diesen Fächern verfügt, hat die Bil- dungsbehörde die jeweiligen Anforderungen auf mehreren Seiten zusammengefasst. In Deutsch sind es die Kompetenzbereiche Spre- chen und Zuhören; Lesen bzw. mit Texten und Medien umgehen; Schreiben, Texte verfassen, Rechtschreiben; Sprache und Sprach- gebrauch untersuchen. Nur wenn ein Schüler in allen vier Berei- chen über ausgewiesene Kompetenzen verfügt, bescheinigt ihm die Schule, dass seine Leistungen über dem Regelstandard liegen. Dass die Abgrenzung von Kompetenzbereichen nicht neu ist, darauf weist Gudrun Stuck, Leiterin der Grundschule an der Philipp-Reis- Straße, hin. Seit 2004 gebe es neue Rahmenpläne, vor allem für Deutsch und Mathematik, an denen sich Lehrer orientieren müssen. Früher wurde eine Empfehlung zum Übergang ausgesprochen, der eine intensive Beratung vorausging. Die Eltern konnten selbst über den weiteren Bildungsweg entscheiden. Zum Übergang sei neu, dass die Leistungen der Kinder nun in festgelegte Regelstandards eingestuft werden müssen. Zum Halbjahr Klasse 4 erfolgt in Ma- thematik und Deutsch die Feststellung "über" oder "unter" Regel- standard. Mit dem Vermerk "über dem Regelstandard" hat das Kind einen Anspruch auf einen Platz im gymnasialen Bildungsweg. An der Philipp-Reis-Schule, die zugleich eins von neun Bremer Zen- tren für unterstützende Pädagogik ist, erfüllten im letzten Jahr im Fach Deutsch drei Viertel der Kinder die Regelstandards. Gemäß dem neuen Schulgesetz ermöglichen Oberschulen ihren Schülern bei einer Klassenstärke von maximal 25 Schülern das Ab- itur nach 13 Jahren. Leistungsstarke Schüler können das Abitur be- reits nach 12 Jahren ablegen. Demgegenüber müssen Schüler an Gymnasien eine Klassenstärke von bis zu 30 Kindern hinnehmen und das Abitur grundsätzlich nach 12 Jahren ablegen. Christel Kelm, Leiterin des Gymnasiums Horn, ist über die Be- nachteiligung des achtjährigen Gymnasiums (G8) gegenüber der Oberschule im Hinblick auf die Klassenstärke nicht glücklich. Auch sie würde sich mehr Fördermöglichkeiten und bessere finanzielle Ressourcen wünschen, weiß aber, dass in Zeiten knapper öffentli- cher Kassen vieles, was wünschenswert wäre, letztlich nicht be- zahlbar ist. So wurde ihr Antrag auf Umwandlung des Horner Gymnasiums zu einer Ganztagsschule bislang von der Bildungsse- natorin nicht genehmigt. Frau Kelm räumt aber ein, dass sich durch die neue Regelung auch die Lage an den Gymnasien verbessere. In den alten Klassenverbänden habe man zum Teil noch bis zu 35 Schüler. Insofern sei die Beschränkung auf 30 Schüler eine Ver- besserung. Das zweigliedrige Bremer Schulsystem bedeutet mit Einführung der Oberschulen die Abschaffung der Hauptschule. Für Horn-Lehe, einem gutbürgerlichen Stadtteil, wird diese Entscheidung von den meisten Beteiligten positiv gesehen. Die Gefahr, dass die schwä- cheren Schüler die stärkeren herunterziehen, wird als gering ein- geschätzt. Laut Malte Goosmann, dessen Schule bereits seit dem letzten Schuljahr Oberschule ist, wird das Niveau steigen: „Die jüngeren oder schwächeren Schüler werden von den stärkeren profitieren.“ Er geht davon aus, dass das System der Oberschulen funktioniert, wenn ein Drittel der Schüler über dem Regelstandard liegt. Seinen Angaben zufolge liegen am Schulzentrum Ronzelenstraße, einer sportbetonten Modellschule, knapp 50% der Schüler über dem Re- gelstandard. Horn-Lehe sei ein guter Stadtteil. Dass viele Eltern das ähnlich sehen, zeigt sich in der starken Anwahl seiner Schule. Für die Oberschule Ronzelenstraße, deren Konzept sich an der Hamburger Max-Brauer-Schule orientiert, die 2005 den Deutschen Schulpreis erhielt, lagen 180 Anmeldungen vor, nur 97 konnten an- genommen werden. Dies führte zum Teil zur Verärgerung bei El- tern aus der unmittelbaren Umgebung, deren Kinder nicht angenommen werden konnten. Hingegen scheiden sich an den weiterführenden Schulen in Horn- Lehe die Geister bei der Frage, ob der Leistungsdruck durch das Das neues Schulgesetz in Horn-Lehe „Die jüngeren oder schwächeren Schüler werden von den stärkeren profitieren.“ Malte Goosmann Leiter des Schulzentrums an der Ronzelenstraße TEXT | STEFAN MEHLER